Der Mensch ist zum Laufen gemacht. Deshalb hat er zwei Beine. Bedauerlicherweise kommen in den letzten Jahrzehnten bei vielen die Finger häufiger zum Einsatz als die Beine. Eigentlich eine schreckliche Entwicklung, welche für viele eine 50-Kilometerwanderung als utopisch erscheinen lässt. Nicht so bei den Teilnehmern der von Michael Hägele organisierten Weitwanderung. Hägele hat bereits im letzten Jahr gezeigt, dass er das gewisse Händchen dafür hat, interessante Strecken auszusuchen. Waren im letzten Jahr bei der Wanderung „Von der Mündung bis zur Quelle“ 40 Kilometer zu bewältigen, packte Hägele heuer nochmals 10 Kilometer obendrauf. „Wer 40 packt, packt auch 50“, waren sich die Teilnehmer vom letzten Jahr sicher. Gedacht getan. Neben zwei Beinen brauchen Menschen, die eine solche Wanderung in Angriff nehmen, auch einen Willen, Zuversicht und die meisten auf den letzten Kilometern auch etwas Biss. Die nämlich taten einigen ordentlich weh. In der Sportsprache auch gerne als Belohnungsschmerz bezeichnet, wie auch der Muskelkater, der sich am nächsten Tag bei einigen leicht bemerkbar machte. Nicht nur für Michale Hägele, den Hauptorganisator der Wanderung selbst, gabs von den Teilnehmern ganz fettes Lob. Auch für die Albvereinsmitglieder, welche in Justingen und in Weiler Verpflegungsstationen weitenaufgebaut hatten. „Butterbrezeln, Kranzbrot, Kaffee und Tee, kamen bei der rund 30-köpfigen Wandergruppe, die um 5:30 Uhr in Münsingen losgelaufen war, an der Frühstücksstation in Justingen gerade recht.
Schon da, war die Gruppe, die sich größtenteils zuvor nicht kannte, bereits zu einem harmonischen Team zusammengewachsen. Gleichgesinnten Menschen halt. Menschen, welche die Schwäbische Alb, die Schönheiten der Natur, das Wandern und das Miteinander lieben. Einen kleinen Minuspunkt gabs in der ersten Streckenhälfte. Den Ostwind, bei welchen sich die ohnehin kühlen Temperaturen, noch kälter anfühlten. Die Strecke führte von Münsingen über Magolsheim bis nach Justingen. Weiter durchs Tiefental nach Weiler, wo dann die fleißigen Albvereinsmacher, die genau wussten was hungrige Wanderer lieben, warmen Leberkäse, Käsebrötchen, Äpfel, Honig und Schokolade bereithielten.
Der steile Blick vom Achtal aus hoch in Richtung Geißklösterle, verschaffte so manchem doch ein wenig Respekt. Gut gestärkt wars für alle, dennoch gut machbar. Ermutigend auch Hägeles Ankündigung; „Wenn wir oben sind, geht’s dann flach oder abwärts nach Ulm“.
Oben angekommen, wurden die Wanderer mit immer mehr Sonne belohnt. Schade nur, dass es kaum Fernsicht zu den Alpen gab. Das wäre das absolute Sahnehäubchen auf der ohnehin schon genialen Wanderung gewesen. Wohl so ziemlich jeder, merkte im letzten Drittel seine Beine immer mehr. „Im Ziel mags ja wieder schön sein, jetzt machts mir grad keinen Spaß mehr“, so einer, den seine Fußsohlen plagten.
Andere, die zuvor ordentlich schnatterten wurden hörbar leiser. „Wir haben uns jetzt alles erzählt. „Nur keine lange Pause mehr“, so eine der Wanderinnen, welcher vor allem die ersten Meter beim Anlaufen nach der Pause leichte Problem machten. Ans Aufgeben, dachte niemand mehr. Zu nah war das anvisierte Ziel, welches beim Anblick des Ulmer Münsters wahre Glücksgefühle auslöste. Nur noch den Kuhberg runter und dann ab in Richtung Bahnhof, wo sich einige das verdiente Bierchen gönnten. „Wir sind sportlich und mental über uns hinausgewachsen, freuten sich Ingrid, Kerstin und Ursel. „Es erstaunt mich immer wieder, wie in kürzester Zeit, aus einem bunten Haufen eine nette Gruppe mit Zusammenhalt und nettem Austausch wird“. Mit Dankbarkeit fühlte sich Kuni am Ende erfüllt, weil sich einmal mehr zeigte was sie als 76-Jährige noch leisten kann. Ältester war mit 80 Lenzen Schorsch aus Mehrstetten. Auch Iris, die zuvor noch nie so eine lange Wanderung gemacht hat, war unter dem Motto „wer nicht wagt, der nicht gewinnt“, so sehr begeistern, dass sie sich spontan dazu entschloss, in den Albverein einzutreten.